Kreissynode berät, was Familien stärkt
„Familie als verlässliche
Gemeinschaft stärken“ – unter diesem Leitwort stand die Sommersynode des
Evangelischen Kirchenkreises Leverkusen am 14.und 15.Juni 2014 in Rheindorf.
Umfragen bestätigen, dass die meisten jungen Menschen ein Leben in Ehe und
Familie wünschen. Gleichzeitig werden viele Ehen geschieden. „Was läuft schief?“
fragte Doris Sandbrink in ihrem
Grundsatzreferat. Die pädagogische Studienleiterin des Evangelischen
Erwachsenenbildungswerks Nordrhein lehnte moralische Urteile ab. Sie verstand
Familie als eine auf Dauer angelegte Verantwortungs- und Fürsorgegemeinschaft,
die von Partnerschaftlichkeit und Verbindlichkeit geprägt ist. Familie wird man
nicht durch Blutsbande, sondern dadurch, dass Menschen Familie als alltägliche
Gestaltungsaufgabe annehmen: „Doing family“. Doris Sandbrink zeigte mit Hilfe
einer Orientierungshilfe der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu dem
Thema, was Familien heute belastet: Flexibilität und Mobilität, aber auch
Gerechtigkeitsdefizite zwischen Geschlechtern und verschiedenen Milieus. Sie
machte eine „Care-Krise“ aus: die gesellschaftliche Unterbewertung von Haus- und
Familienarbeit. Ganz ähnlich werden auch professionelle Dienste in Erziehung,
Betreuung und Pflege unterbewertet. Den Gemeinden empfahl Doris Sandbrink,
„familienkompetent“ zu werden und dies möglicherweise mit einem Gütesiegel zu
dokumentieren. Die Ortsgemeinden könnten in ihren Quartieren die Themen Pflege,
Bildung und Betreuung mit anderen Akteuren anpacken, etwa durch
„Familienbeauftragte“.
Vernetzung gegen
Verunsicherung
Bei einem Podiumsgespräch, das der
WZ-Redakteur Ekkehard Rüger
moderierte, berichtete der Leverkusener Kinderarzt Dr. Jonas Kreth von einer tiefen
Verunsicherung vieler Familien, mit denen er als Oberarzt im Klinikum und in
seiner Arztpraxis zu tun habe: „Man kann in der Erziehung alles falsch machen“,
so eine verbreitete Sorge. „Außerdem fehlen Oma und Opa“, also Menschen, die das
Familienleben im Alltag unterstützen. Helga
Voigt, Fachbereichsleiterin Soziales der Stadt Leverkusen nannte
positive Beispiele, wie Familien effektiv geholfen wird: im Manforter Laden des
Diakonischen Werkes bekommen Familien mit kleinen Kindern „Frühe Hilfen“, also
Beratungsangebote, gerade auch für Familien mit Migrationshintergrund. Wichtig
sei, die bestehenden Angebote den Familien genau dann anzubieten, wenn sie sie
brauchen. Von dem Problem häuslicher Gewalt berichtete Iris Hemmeter von der Polizei Leichlingen.
„Viele Familien haben zuwenig Bezugspersonen“, sagte die Hauptkommissarin, die
viel Erfahrung mit Jugendschutz und Prävention hat. Ein soziales Netz von
Verwandten und Freunden helfe bei Belastungen. Allerdings müsse man auch selbst
anderen helfen, wenn man deren Unterstützung zuweilen benötigt. Superintendent
Gert-René Loerken weiß aus der
Arbeit vieler Gemeinden, dass „über 90 % der Arbeit in diesen Bereich fließt.“
Familien nutzen die Kindertagesstätten in den Gemeinden und nehmen das
vielfältige gottesdienstliche und religionspädagogische Angebot wahr. Der
Superintendent wünschte sich eine bessere Vernetzung der bestehenden Angebote.
Konkret empfahl er den Gemeinden, die sogenannten Amtshandlungen (Taufen,
Trauungen, Konfirmationen, Beerdigungen) als familienstützende Handlungsfelder
zu begreifen und sie milieuorientiert zu gestalten. Von der ganz praktischen
Arbeit mit Familien in den Eltern-Kind-Gruppen des Evangelischen
Familienbildungswerkes Leverkusen berichtete Kursleiterin Miriam
Sundermann: „Familien brauchen Entschleunigung“. Kinder
bräuchten Erwachsene, die mit ihnen einmal in aller Ruhe Zeit verbringen. In den
Kursen werde genau das eingeübt. Zum Sitztanz brachte Dorothea
Partsch-Schröter die Synodalen. Die Kursleiterin im Bereich
Seniorengymnastik und –tanz sprach von der Aufgeschlossenheit vieler älterer
Menschen für ihre Kurse, in denen außer der Bewegung die Vernetzung wichtig sei.
Andreas Pollak, Leiter des Evangelischen Familien- und Erwachsenenbildungswerks,
bot den Gemeinden Hilfe an, Familienbildung als Teil des Gemeindelebens zu
entwickeln. Seine Kursleiterinnen und Kursleiter könnten beitragen, „Menschen
Fähigkeiten entwickeln, Verantwortung für andere zu
übernehmen“.
Weitere
Beratungsthemen:
Verwaltung,
KiTas, Presbyteramt, Berichte, Visitation,
Wahlen
Wenige Tage vor der Synode war klar,
dass der für Ende August geplante Umzug in das neue Verwaltungsgebäude in Burscheid
möglicherweise nicht zu halten ist. Bestimmte technische Arbeiten verzögern
sich. Noch im Juni soll sich genauer zeigen, ob das ursprüngliche Ziel zu
schaffen ist oder ob die Büros erst ein, zwei oder drei Monate später fertig
sind. Die Synode beschloss die Satzung für das Verwaltungsamt, regelte
Finanzierungsfragen und bestimmte Dr. Thomas
Hübner zum Vorsitzenden des Verwaltungsfachausschusses und Wolfgang
Koch zum seinem Stellvertreter. Presbyter Peter Berger, Vorsitzender des
Finanzausschusses, informierte die Synode über Mehrkosten beim Umbau des
früheren Internats zu einem modernen Verwaltungsgebäude. Statt geplanter
4.597.000 € rechnet er jetzt mit 4.986.000 €. Er habe „keinerlei Bedenken“, weil
die Mehrkosten wichtige Anliegen finanzieren, z.B. eine Schließanlage, eine neue
EDV, eine Einrichtung zur Arbeitszeiterfassung und eine Telefonanlage. Die
Synode stimmte dem Plan zu.
Über die Entwicklung des Kindertagesstätten-Verbunds konnte
Diakoniepfarrer Hans Höroldt
berichten. Die Anzahl der beteiligten Einrichtungen hat sich seit dem Bestehen
auf acht verdoppelt. Kinder werden in 23 Gruppen betreut. Die Synode stimmte
einigen Veränderungen in der Satzung zu. Zur Trägergemeinschaft gehören der
Kirchenkreis, die Gemeinen Küppersteg-Bürrig, Opladen, Wiesdorf und neuerdings
auch Witzhelden und Schlebusch.
Die Synode richtet einen Antrag an
die Landessynode, nach dem nicht wie bisher Presbyter mit 75 Jahren ihr Amt verlieren,
sondern es noch bis zur nächsten Presbyteriumswahl innehaben dürfen. Im
Hintergrund stehen die steigende Lebenserwartung und die gute Verfassung, in der
sich viele Menschen über 75 Jahren befinden. Presbyterin Erika Wischmeyer-Elbert (Leichlingen)
bezeichnete sich selbst als „Betroffene“, weil sie in Kürze 75 Jahre alt wird
und ihr Presbyteramt aufgeben muss, ebenso die Mitgliedschaft in der
Kreissynode. Sie verabschiedete sich mit Dankbarkeit und guten Wünschen, aber
auch voller Zufriedenheit, dass die Synode sich für einen Verbleib auch über
75jähriger in Zukunft im Presbyterium einsetzt.
Informativ und knapp berichteten die
Gemeinden über aktuelle Entwicklungen der letzten zwei Jahre. Schwerpunkt aller
Berichte war das Engagement für
Familien, bei dem die Gemeinden viel Kreativität zeigen. Gottesdienstliche und
seelsorgliche Angebote werden ergänzt durch Familienbildung und sinnvolle
Freizeitgestaltung. Superintendent Loerken betonte: „Wir sollten verstärkt
lernen, die Bedürfnisse der Familien in den Fokus zu rücken und weniger von den
Erfordernissen unserer gewohnten Angebote
auszugehen.“
Landeskirchenrat Eckhard Langner grüßte die Synode von der
Kirchenleitung und den Mitarbeitenden des Landeskirchenamtes. Er berichtete von
Vorbereitungen der Visitation des
Kirchenkreises Leverkusen durch die Kirchenleitung am 19. und 20. September
2014. Er hoffe auf intensive und bereichernde Gespräche und ermunterte dazu,
auch Probleme anzusprechen.
Die Kreissynode wählte Pfarrerin
Dagmar Jetter (Opaden) als
Synodalbeauftragte für Asyl-, Umsiedler und
Flüchtlingsfragen. Andreas
Pollak (Erwachsenenbildungswerk) und Pfarrer Bernd-Ekkehart Scholten (Küppersteg-Bürrig)
als Synodalbeauftragte für Presbyterfortbildung.
Der Evangelische Kirchenkreis Leverkusen ist
die Gemeinschaft von 13 Kirchengemeinden in den Städten Leverkusen, Leichlingen,
Burscheid, Langenfeld und Monheim. Hier leben ca. 75.000 evangelische Gemeindemitglieder. Der
Kirchenkreis besteht seit 1962 und gehört zur Evangelischen Kirche im Rheinland.
Zu seinen Diensten gehört das Diakonische Werk mit der Psychologische
Beratungsstelle, das Schulreferat, das Jugendwerk, das Familien- und
Erwachsenenbildungswerk sowie Suchthilfe, Seelsorge und Religionsunterricht. Der
Kirchenkreis wird geleitet von der Synode, die aus rund 100 Delegierten der
Kirchengemeinden und weiteren berufenen Personen besteht und sich zweimal
jährlich trifft. Neben Pfarrerinnen und Pfarrern wirken Presbyterinnen und
Presbyter mit. Zwischen den Synodaltagungen leitet der Kreissynodalvorstand den
Kirchenkreis. Superintendent Gert-René Loerken ist Vorsitzender und Sprecher von
Kreissynode und Kreissynodalvorstand. Er ist Pfarrer in Leichlingen und seit
2004 Superintendent.